Interdisziplinäre Kooperation: Prof’in Dr. Nadja Klein & Dr. Moussa Kassem Sbeyti (Karlsruhe Institute of Technology – KIT) sowie Prof. Dr. Thorsten Merl & Dr. Katharina Sufryd (Universität Koblenz)
Projektlaufzeit: 2025–2026
Förderung: Anschubfinanzierung durch Die Junge Akademie an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Projektbeschreibung
Ausgangspunkt des Projekts ist die zunehmende Forderung nach Implementierung von KI basierten Anwendungen im Kontext schulischen Lernens. Gegenwärtig wird verstärkt das Argument angeführt, dass generative Sprachmodelle (LLMs) die didaktisch aufwändige Individualisierung von Lernangeboten übernehmen und damit Lehrkräfte entlasten könnten. Das erscheint sowohl aufgrund des Personalmangels als auch aufgrund damit erhoffter Einsparungen attraktiv. Diesem Wunsch nach individualisierten Lernangeboten durch generative Sprachmodelle kommen bereits Anbieter wie Google (Gemini, Guided Learning) und Open AI (ChatGPT, Study Mode) nach. Sie versprechen ein personalisiertes, an der individuellen Lernausgangslage orientiertes Lehrangebot im eins-zu-eins Format und eine dezidiert pädagogische Interaktion mit dem Sprachmodell zu ermöglichen.
Aufgrund der bildungspolitischen Forderung nach Digitalisierungsmaßnahmen, dem gesellschaftlichen Glauben an Technologie als Lösung und dem kommerziellen Interesse an Bildungssoftware ist davon auszugehen, dass sich sogenannte KI Anwendungen im Bildungssektor immer weiter etablieren können. Wir nehmen deshalb an, dass die Arbeit von Lehrkräften zunehmend durch KI Anwendungen substituiert wird.
Aus einer erziehungswissenschaftlichen Perspektive auf Autorität und Autorisierungen bedeutet dies: Generative Sprachmodelle werden zunehmend zu einer epistemischen und zu einer pädagogischen Autorität gemacht. Sie werden zunehmend in die Position gebracht, Schüler:innen zu führen. Während nun aber die Folgen einer epistemischen Autorisierung generativer Sprachmodelle bereits gut beforscht sind (u.a. bspw. das Halluzinieren oder aber Biases), fehlt es bisher an Studien zu den Implikationen und Folgen einer pädagogischen Autorisierung generativer Sprachmodelle. Welche Folgen hat es, wenn eine durch Software automatisierte, didaktische Individualisierung über einen längeren Zeitraum hinweg zur pädagogischen Autorität gemacht wird?
Dieses erziehungswissenschaftliche Forschungsinteresse an der Autorisierung von KI Anwendungen im schulischen Lernen und dessen Folgenabschätzung verfolgen wir sowohl theoretisch als auch empirisch. Das setzt ein umfangreiches und exploratives Forschungsvorhaben voraus. Vorgesehen sind ein ethnographisches sowie ein experimentelles Forschungsdesign, das die konkreten Interaktionen zwischen Lernenden und Software begleitet (sowohl reale Interaktionen von Schüler:innen als auch experimentelle Interaktionen mit Proband:innen).
Die notwendige technische Begleitung im Bereich des maschinellen Lernens, insbesondere dem Trainieren geeigneter Large-Language Modelle, sowie der Umsetzung individueller Lernprozessbegleitungen werden durch die interdisziplinäre Kooperation mit dem KIT gewährleistet.